Hashimoto
Thyreoiditis
Die Hashimoto-Thyreoiditis ist eine Autoimmunerkrankung der Schilddrüse
und gehört zweifellos zu den häufigsten Autoimmunerkrankungen des
Menschen. Man geht davon aus, dass bis zu 13 % der Bevölkerung von dieser
Schilddrüsen-Erkrankung betroffen sein könnten. Wobei die Mehrzahl
allerdings unerkannt ist, da sie keinerlei Beschwerden verursacht (Grünwald
& Middendorp 2008). Sie tritt zudem auch oft mit anderen
Autoimmunerkrankungen auf, wie beispielsweise Gluten-Unverträglichkeit
(Sprue), Weißfleckenkrankheit (Vitiligo) oder Jugend-Zuckerkrankheit
(Diabetes mellitus Typ I). Die Namensgebung erfolgte nach dem Erstbeschreiber
dieser Erkrankung, dem Arzt Hakaru Hashimoto.
Ursache der Hashimoto-Thyreoiditis sind vom Immunsystem gebildete
Antikörper gegen Schilddrüsengewebe, die zur Entzündung und
letztlich Zerstörung der Schilddrüse führen. Folglich ist
das Leitsymptom der Hashimoto-Thyreoiditis die Schilddrüsen-Unterfunktion
(Hypothyreose). Besonders in Frühstadien der Entzündung kann es
aber auch genau gegenteilig zu einer Überfunktion kommen (Hyperthyreose).
Grund sind die Entzündungsvorgänge, die zur Freisetzung von wirksamem
Schilddrüsenhormon führen. In chronischen Stadien jedoch findet
sich meistens eine Unterfunktion, da die Schilddrüse atrophiert (sich
zurückbildet). Es gibt auch Verläufe, bei denen ein Wechsel zwischen
Unter- und Überfunktion beobachtet werden kann. Letztlich lässt
sich der Verlauf kaum sicher prognostizieren. Insbesondere vor dem Hintergrund,
dass die Mehrzahl der Betroffenen eine Normalfunktion hat und daher die
Erkrankung nicht entdeckt wurde, ist von einer sehr hohen beschwerdefreien
Dunkelziffer auszugehen.
Die unterschiedlichen Verläufe der Hashimoto-Thyreoiditis führen
auch zu deutlich unterscheidbaren Veränderungen an der Schilddrüse.
Beim "klassischen Verlauf" der Entzündung, der eigentlichen
Hashimoto-Thyreoiditis, findet sich meist eine Vergrößerung des
Organs, ein sogenannter Kropf oder eine Struma. Hingegen zeichnet sich die
Ord-Thyreoiditis durch eine Atrophie, also Verkleinerung aus. Die nach dem
Erstbeschreiber, William Miller Ord, benannte Erkrankung lässt sich
oft aber nicht scharf von der klassischen Verlaufsform unterscheiden, so
dass beide unter der Hashimoto-Thyroiditis zusammengefasst werden.
In einigen Familien tritt die Hashimoto-Thyreoiditis gehäuft auf, weshalb
eine genetische Ursache der Fehlleitung des Immunsystems angenommen werden
kann. In der alltäglichen Praxis stellt man auch immer wieder fest,
dass eine Entzündung erst im Zusammenhang mit anderen Stressoren entsteht
oder entdeckt wird. Stress, schwerere Erkrankungen, starke Infektionen oder
hornomelle Umstellungsphasen wie Pubertät, Schwangerschaft oder Klimakterium
(Wechseljahre) können Auslöser sein. Ob dabei diese Stressoren
nur Auslöser einer ruhenden Hashimoto-Thyreoiditis (latente
Entzündung) sind oder genuine Ursache ist nicht geklärt.
Symptome der Hashimoto-Thyreoiditis
Wahrscheinlich hat die große Mehrzahl der Patienten eine Normalfunktion
der Schilddrüse (Normothyreose), wenn man unerkannte Verläufe in
die Statistik mit einbezieht. Kommt es zu Symptomen, so steht meistens eine
Unterfunktion (Hypothyreose) im Vordergrund, nur gelegentlich eine
Überfunktion (Hyperthyreose). Es sollte nochmals betont werden, dass
auch wechselnde Verläufe zwischen Normal- und Fehlfunktion auftreten
und die weit überwiegende Mehrheit der in Behandlung befindlichen Patienten
nur wenige Symptome zeigt, en gros also leichte Verläufe hat.
Unterfunktion: Klassisches Symptom ist die Müdigkeit, oft verbunden
mit Leistungsmangel, gedrückter Stimmung und/oder Schwäche. Beschwerden
an der Schilddrüse selber sind unspezifisch. Unsere Patienten geben
oft ein Kloßgefühl an, Druck am Hals, ein "Arbeiten" der
Schilddrüse oder manchmal auch Erstickungsängste. Zusätzlich
können leichte Ödeme auftreten (Wassereinlagerungen, meist am Gesicht
oder den Beinen). Die Körpertemperatur kann sinken, viele Patienten
leiden unter einer Kälteempfindlichkeit und Kreislaufschwindel.
Gewichtszunahme, Verstopfung, Zyklusstörungen und Schmerzen der
Unterschenkelmuskulatur sind Begleitsymptome.
Überfunktion: Klassiches Symptom ist die Unruhe. Die Betroffenen klagen
über Zittern, Schlaflosigkeit, Aggressivität, Hitze, Nervosität,
Herzrasen oder -stolpern. Es kann zu vermehrtem Schwitzen kommen, sowie
Gewichtsverlust und Durchfällen. Erhöhter Blutdruck, Herzbeschwerden
und Störungen der Monatsregel sind weitere Folgen.
Diagnose der Hashimoto-Thyreoiditis
Die Beschwerden der Patienten geben oft erste Hinweise auf ein
Schilddrüsengeschehen. Letztlich wird die Diagnose durch Labor und
Ultraschall gesichert. Neben den Schilddrüsenfunktionswerten fT3, fT4
und TSH werden auch Antikörper bestimmt.
fT3: freies Trijodtyhronin
ist das wirksame Schilddrüsen-Hormon und enthält drei Jodatome.
fT4: freies Thyroxin enthält vier Jodatome und ist weniger stark wirksam
als fT3. Die wichtigste Funktion ist als hormonelle Vorstufe des fT3.
TSH: Thyroidea stimulierendes Hormon, das Hormon welches die
Schilddrüsenfunktion reguliert. Bei der Hashimoto-Thyroiditis ist es
häufig erhöht, wenn eine Unterfunktion der Schilddrüse vorliegt,
manchmal auch erniedrigt, wenn eine Überfunktion vorliegt. Oft jedoch
findet sich ein Normalwert, wenn keine Fehlfunktion der Schilddrüse
besteht. Sowohl fT3 als auch fT4 regulieren das TSH über negatives
Feedback. |
Von den Antikörpern
am wichtigsten sind MAK (Mikrosomale Antikörper) = TPO-AK (Thyreoperoxidase
Antikörper), die sich bei 90 % der Patienten nachweisen lassen. Weniger
relevant für die Diagnose sind TG-AK (Antikörper gegen Thyreoglobulin,
einem Eiweiß in der Schilddrüse), die nur bei einem geringen Teil
der Patienten mit Hashimoto-Thyreoiditis erhöht sind.
Beachten Sie, dass eine Hashimoto-Thyreoiditis vorliegen kann, auch wenn
keine Antikörpern nachweisbar sind, sogenannte antikörpernegative
Thyreoiditis. Entscheidend ist daher der sonographische Befund. Ein erfahrener
Untersucher wird mit hoher Sicherheit schon anhand des Ultraschallbefundes
die Diagnose stellen können. Es findet sich ein echoarmes Bild, oft
mit inhomogener (ungleichmäßiger) Struktur der Schilddrüse,
manchmal mit gleichmäßiger Echoarmut, siehe auch
Schilddrüsen-Sonographie:
|
Abb. 1 und 2: Relativ
gleichmäßige Echoarmut bei einer 31-jährigen Patientin,
Schilddrüse normal groß, im unteren Normbereich, eher atrophische
Verlaufsform (Ord-Thyreoiditis), Zufallsbefund 2008, es werden keine Symptome
angegeben. |
|
Abb. 3 und 4:
Ungleichmäßige Echoarmut bei einer 27-jährigen Patientin,
Schilddrüse leicht vergrößert, eher hypertrophe Verlaufsform
(klassische Hashimoto-Thyreoiditis), Patientin klagte über Müdigkeit
während ihrer ersten Schwangerschaft 2005. |
Therapie der
Hashimoto-Thyreoiditis
Im eigentlichen Sinne heilbar ist die Hashimoto-Thyreoiditis nicht. Man kann
aber Folgeschäden an anderen Organen (durch die
Schilddrüsen-Fehlfunktion) und Wucherungen der Schilddrüse
(Kropfbildung) relativ effektiv verhindern, indem das körpereigene Hormon
T4 als Tablette gegeben wird, sogenanntes L-Thyroxin. Ziel ist, eine
Normalfunktion beim Patienten einzustellen. Die Dosierung des L-Thyroxins
wird individuell festgelegt und regelmäßig kontrolliert,
spätestens jährlich oder bei Wechsel der Dosierung des L-Thyroxins
(nach etwa vier Wochen) oder bei Verdacht auf Aktivitätsänderung
der Schilddrüse.
In Einzelfällen kann eine befriedigende Einstellung der
Schilddrüsenfunktion relativ lange dauern, bis zu mehreren Monaten.
Die Dosierung des T4 folgt daher immer in einer Gesamtbeurteilung der objektiven
Befunde und des subjektiven Befindens des Patienten. Beachten Sie, dass auch
jahrelang gut eingestellte, stabile Krankheitsverläufe ohne primär
ersichtlichen Grund sich verändern können. Man sollte daher bei
Verdacht auf eine Änderung der Krankheitsaktivität mit Labor und
Ultraschall die Hashimoto-Thyreoiditis kontrollieren.
Schilddrüsen-Szintigraphien sind nur in besonderen Fällen
erforderlich.
Neben der schulmedizinischen Behandlung der Hashimoto-Thyreoiditis gibt es
auch naturheilkundliche Ansätze. Falls Sie daran Interesse haben, lassen
Sie sich einen Termin für die Privatsprechstunde geben.
Literatur
Grünwald, F. & Middendorp, M. 2008: Neue Erkenntnisse zu Erkrankungen
der Schilddrüse. New Findings in Thyroid Disease. Dtsch.
Ärztebl., 105 (4), 6970. |
|